Drei Jahre und ein Tag - Bauhandwerker auf der Walz

Das zünftige Reisen

Das zünftige Reisen von Handwerkern hat eine uralte, bis in das späte Mittelalter zurückreichende Tradition. Diese Tradition hat allein im Bauhandwerk bei Maurer-, Zimmer- und Dachdeckergesellen überlebt und wird so bis zum heutigen Tage, bei den rechtschaffenen fremden Gesellen praktiziert. Die Reisedauer beträgt drei Jahre und einen Tag. Während dieser Zeit darf der reisende Geselle seinen Heimatort in einem Umkreis von fünfzig Kilometer – außer zu unabwendbaren Ereignissen, wie schwerer Krankheit oder Tod der engsten Familienangehörigen – nicht bereisen!

Bei den rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen können sich auch Betonbauer- und Tischlergesellen erwandern! Die Wanderschaft ist eine in jeder Beziehung praxisnahe Lebensschule, die jedem fremden Gesellen ein gesundes Selbstvertrauen gibt, seinen Horizont erweitert und die berufliche Erfahrung vervielfältigt. Davon zehrt er sein ganzes Leben!

Der Fremdgeschriebene lernt auf seiner Reise im In- und Ausland andere Arbeitspraktiken

und Baustile kennen. Durch den direkten Kontakt mit der Bevölkerung wird sein Verständnis für andere Kulturen geweckt. Darum lässt sich mit Recht sagen, die Wanderschaft war für die meisten rechtschaffenen fremden Gesellen die schönste und ereignisreichste Zeit in ihrem Leben.

Die rechtschaffenen fremden Gesellen

Die rechtschaffenen fremden Gesellen sind eine Vereinigung von gleichgesinnten Bauhandwerkern, die in die Welt hinausziehen um sich mit den Bräuchen, Lebensgewohnheiten und Arbeitspraktiken anderer Menschen und Völker vertraut zu machen und dabei in guten wie in schlechten Zeiten fest zusammenzuhalten. Sie wollen sich in erster Linie auf praktische Weise in der Fremde weiterbilden und hierbei die zwischenmenschlichen Beziehungen auf der Grundlage der Völkerverständigung an der Basis pflegen. Sie sammeln somit ungezwungen und sicherlich auch unbewusst, ungeheuer viel Erfahrung, wobei sie über alle Grenzen hinweg anhaltende Freundschaften schließen. Dass dabei auch die altüberlieferten Zunftgebräuche hochgehalten und gepflegt werden, ist selbstverständlich. Die Vereinigung der rechtschaffenen fremden Gesellen ist überparteilich, überreligiös und übernational. Das heißt, dieser Vereinigung können Angehörige jeder politischen Auffassung, jeder Religion und jeder Nationalität beitreten, solange sie die Menschenrechte achten. In ihren Reihen wird aber weder Politik gemacht, noch Religion verkündet, ebenso bleiben nationale Interessen außen vor. Das heißt jedoch nicht, dass die rechtschaffenen fremden Gesellen keine Meinung haben, sondern dass sie die Anschauungen und den Glauben anderer Menschen und Völker respektieren.
Oberstes beschlussfassendes Gremium der Vereinigung der rechtschaffenen fremden Gesellen ist der Kongress, der in der Regel alle vier Jahre stattfindet. Die Vereinigung besteht wiederum aus einzelnen, selbständigen Gesellschaften, die in unterschiedlichsten Orten Deutschlands, Frankreichs, der Schweiz, Skandinaviens, Afrikas, Australiens, Österreichs und in den USA ansässig sind!

Die Gesellschaft

Die Gesellschaften der rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen werden von einem Alt-, einem Buch- und einem Dosengesellen und bei den rechtschaffenen fremden Maurer- und Steinhauergesellen von einem Wortführer und einem Herbergs- und Krankenbesucher geführt. Sie sind verpflichtet, jeden bei uns reisenden Gesellen aufzunehmen, ihn mindestens für eine Nacht und einen Tag zu bewirten und in jeder Beziehung nach Kräften zu unterstützen. In den Gesellschaften wird das zünftige Brauchtum abgehalten und das dazugehörende Schrifttum geführt. Jede Gesellschaft hat eine Herberge, die ihr „Zuhause“ ist!

Die Herberge

Die Herberge ist Dreh- und Angelpunkt jeder Gesellschaft. Es ist in der Regel ein Gasthaus mit einer Schlafgelegenheit und einem Klubraum, der zum Handwerkssaal eingerichtet und genutzt wird. Auf der Herberge reist der Geselle zünftig zu und wird nach Handwerksgebrauch ausgeschenkt. Das heißt, er trägt sich im Zugereistenbuch ein, bekommt einen Begrüßungstrunk und hat eine Nacht schlafen frei. Beim Kommodeheißer kann er sich nach den Arbeitsmöglichkeiten vor Ort erkundigen und erfährt welche Gesellen in der letzten Zeit durchgereist sind und wer in der Gesellschaft geschrieben ist bzw. in Arbeit steht. Die Herbergen sind sozusagen das Zuhause der reisenden Gesellen, in denen der Wirt von den Gesellen mit Vater, die Wirtin mit Mutter und die Töchter und Söhne sowie das Bedienungspersonal mit Schwester und Bruder angesprochen werden, womit sogleich ein gutes und persönliches Verhältnis entsteht. In den Herbergen sind aber nicht nur die reisenden Gesellen zuhause, sondern es finden sich hier auch die einheimischen Gesellen zu den unterschiedlichsten Anlässen ihrer Gesellschaft, wie Gesellen-, Schaller-, Trudel- oder Modellierabende etc. ein.

Der Gesellenabend

Der Gesellenabend findet für die reisenden Gesellen mindestens alle vierzehn Tage und für die Einheimischen alle vier Wochen an einem Wochenende statt. Am Anfang werden alle formellen und finanziellen Belange erledigt und danach wird nach Handwerksgebrauch und Gewohnheit auf dem Handwerkssaal „nach oben gegangen“. Das bedeutet, es werden nach altüberliefertem Ritual alle Angelegenheiten geregelt, die die Gesellschaft der rechtschaffenen fremden Gesellen betreffen. Hierbei ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Diese Maßnahme hat jedoch nichts mit Geheimbündelei oder Ähnlichem zu tun, sondern es werden alle Handlungen auf dem Handwerkssaal nach demokratischen Grundsätzen unkompliziert geregelt und per Handschlag besiegelt. Der Ausschluss der Öffentlichkeit stammt noch aus Zeiten bei denen die fremden Gesellen von der Obrigkeit verfolgt wurden und daher gezwungen waren sich heimlich zu treffen, an sicherem Ort. Heute gehört dieses Vorgehen zum althergebrachten Brauchtum, nicht mehr und nicht weniger. Nachdem das Zeremoniell auf dem Handwerkssaal beendet ist, werden in erster Linie alte Traditionen gepflegt wie: „Schallern-, Klatschen- und Trudeln etc.. Außerdem werden bei genügendem Interesse und wenn die Möglichkeiten vorhanden sind, auch Modellierkurse abgehalten. Zur vorgerückten Stunde werden bei dem Einen oder Anderen in gemütlicher Runde, durchaus Erinnerungen wach und so wird mancher Schwank aus der Reisezeit zum Besten gegeben. Es wird auch fleißig gefachsimpelt und von diesem Erfahrungsaustausch profitieren besonders die jungen Gesellen.

Der reisende fremde Geselle

Den reisenden rechtschaffenen fremden Gesellen erkennt man an seiner Kluft mit dem weiten Hosenschlag und der schwarzen Ehrbarkeit. Diese trägt er ständig während der dreijährigen Wanderschaft, auch wenn er arbeitet. Er kann reisen und arbeiten wo es ihm beliebt. Normalerweise ist er ein Vierteljahr auf Wanderschaft und nimmt dann etwa für die gleiche Zeit Arbeit an. Nach der Arbeitsaufnahme lässt er sich in der nächsten Gesellschaft schreiben und nimmt am dortigen Gesellschaftsleben teil. Während der Wanderschaft übernachtet der fremde Geselle in den eigenen Herbergen oder bei passender Gelegenheit bei einem Meister, in Jugendherbergen oder im Heuschober beim Bauern, aber auch „Mutter Grün“ bietet sich in lauen Nächten an, genau wie in der Arrestzelle bei der Polizei – freiwillig versteht sich – findet sich bisweilen eine Schlafgelegenheit!

Nach Möglichkeit und Laune wandert er zu Fuß, lässt sich aber der heutigen Zeit entsprechend, auch als Anhalter mitnehmen. Öffentliche Verkehrsmittel über längere Strecken sind verpönt, aber wo es sich nicht vermeiden lässt, ist es auch nicht ausdrücklich verboten.

Der fremd einheimische Geselle

Hat der fremde Geselle seine dreijährige Wanderschaft beendet, kann er sich einheimisch melden und hat dann die Rechte und Pflichten des fremd einheimischen Gesellen. Einheimische nehmen in der Regel alle vier Wochen am Gesellenabend teil und haben somit stets Kontakt zu den jungen Gesellen und den anderen einheimischen Kameraden. Dabei stehen die Erinnerungen an gute und schlechte Zeiten während der Reisezeit oft im Vordergrund. Aber auch als Ratgeber, ob in beruflicher oder gesellschaftlicher Beziehung, ist er mit seiner langen Erfahrung für die reisenden Gesellen ein wichtiges Bindeglied für den Zusammenhalt unserer Vereinigung.

Veranstaltungen

Turnusmäßig wiederkehrende Veranstaltungen sind bei den rechtschaffenen fremden Gesellen auf internationaler Ebene die alle Jahre stattfindende Jahreshauptversammlung der C.C.E.G. und auf der Vereinigungsebene alle vier Jahre der Kongress, sowie das jährlich in einer anderen Gesellschaft stattfindende Himmelfahrtstreffen. Außerplanmäßig werden Fahnenweihen und die verschiedensten Jubiläen der Gesellschaften und ihrer Utensilien wie Fahnen, Stubenschilder oder ihrer Herbergen feierlich begangen. Verstorbenen Gesellen wird von den Gesellschaften im Umkreis von zweihundert Kilometer die letzte Ehre erwiesen.

Die Kluft des rechtschaffenen fremden Gesellen

Kluft nennt man die Tracht der fremden Gesellen. Vom Gesellen mit Stolz getragen und bei der Bevölkerung überall gerne gesehen. Sie besteht aus:

Dem schwarzen Hut z.B. Schlapphut, Zylinder oder Koks (Bowler)
Der Staude: ein kragenloses weißes Hemd
Der Samt- oder Manchesterweste mit schwarzen Biesen (Farbe je nach Beruf)
Der Samt- oder Manchesterjacke mit schwarzen Biesen (Farbe je nach Beruf)
Der Samt- oder Manchesterhose mit schwarzen Biesen (Farbe je nach Beruf)
Den schwarzen Schuhen oder Stiefeln
Die schwarze Ehrbarkeit mit dem jeweiligen Handwerkswappen.

Ferner trägt der fremde Geselle nach Belieben einen Ohrring mit dem passenden Handwerkswappen im linken Ohr und eine zünftige Uhrkette mit den Städtewappenschildern, die er bereist oder wo er gearbeitet hat. Diese Schmuckelemente sind jedoch nicht unbedingt erforderlich und es bleibt jedem überlassen ob er sie denn trägt. Alle weiteren Verzierungen an der Kluft, wie Orden und Abzeichen sowie überzählige Knöpfe etc. sind nicht gestattet. Im eigenen Interesse des Gesellen und mit Rücksicht auf seine Kameraden sollte sich die Kluft stets in einem sauberen und ordentlichen Zustand befinden. Auch das anständige Auftreten in der Öffentlichkeit, ist ein besonderes Anliegen das von unserer Vereinigung von allen bei uns reisenden Gesellen erwartet wird.

Der Charlottenburger

Sämtliche - außer während der Arbeit - zu transportierende Gegenstände trägt der Geselle im Charlottenburger, auch „Berliner“ genannt. Der Charlottenburger hat bei den fremden Gesellen zwei eng mit einander verknüpfte Bedeutungen. Zum Einen ist es ein buntes ca. 80 mal 80 Zentimeter großes Tuch, das mit der Reklame von Berufsbekleidungsgeschäften oder auch mit Bildern unserer Vereinigung bedruckt ist, zum Anderen wird das gepackte Reisebündel das in diesem bunten Tuch eingeknotet ist, Charlottenburger oder Berliner genannt. Auf der Wanderschaft trägt der reisende Geselle sein Hab und Gut in einem Charlottenburger gebunden bei sich. Diese besondere Technik, die das schnüren eines Charlottenburgers erfordert, lässt sich eben nur bei den fremden Gesellen erlernen. Er hat dann die Form einer ca. dreißig Zentimeter dicken und siebzig Zentimeter langen Wurst und beinhaltet das notwendigste Werkzeug, Arbeitszeug, Unterwäsche und Stauden sowie Wasch- und Schuhputzzeug.

Der Stenz

Der Stenz ist der Wanderstab des reisenden Gesellen und im gesellschaftlichen Umgang ein wichtiges Utensil. Es ist ein in der Natur gewachsener Stock, der im frühen Wuchsstadion von einer Schlingpflanze umwunden wurde. Dadurch bildet sich über dem Schlinger eine Wulst, die nach späterer Bearbeitung und Entfernung der Schlingpflanze, das schöne Bild vom gedrehten Wanderstab abgibt. Der Ausgestaltung von so einem Stenz, sind je nach Wuchsform eigentlich keine Grenzen gesetzt, das liegt ganz bei seinem Besitzer.

Das C.C.E.G.- Wanderbuch

Während das Wanderbuch in früheren Zeiten (19. Jahrhundert) als Pass von den Polizeibehörden des Heimatortes ausgestellt wurde, haben die rechtschaffenen fremden Gesellen, im Rahmen der Mitgliedschaft zur C.C.E.G., das derzeit aktuelle Wanderbuch selbst entwickelt und gestaltet. Das Wanderbuch hat den Charakter eines Reisepasses und dient dazu, dass der fremde Geselle sich in der Öffentlichkeit und bei Behörden des In- und Auslandes als rechtmäßig fremdgeschriebener Geselle ausweisen kann. Es ist in vier Sprachen verfasst und hilft dem Fremden - besonders im Ausland - bei der Arbeitssuche und dem Erlangen von Arbeitsbewilligungen. Im Wanderbuch werden während der Wanderschaft täglich offizielle Eintragungen gemacht, die in späteren Zeiten für den jeweiligen Inhaber einen hohen persönlichen Erinnerungswert haben werden.

Krankenversicherung: Barmer GEK

Allen Reisenden der rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen Deutschlands empfehlen wir, sich bei der Barmer GEK zu versichern. Für die Reisenden der rechtschaffenen fremden Maurer- und Steinhauergesellen wäre die AOK Hamburg zuständig. Die ursprünglich von den Hamburger Zimmergesellen 1877 gegründete „HZK“- Hamburgische Zimmerer Krankenkasse -, fusionierte im Jahre 2008 mit der GEK – Gmünder Ersatz Krankenkasse – und diese wiederum Anfang 2010 mit der Barmer Ersatz Krankenkasse zur Barmer GEK. Die Barmer GEK bietet speziell für die reisenden Gesellen einen günstigen und ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Es empfiehlt sich für den reisenden Gesellen, ein Konto einzurichten von dem die Krankenkassenbeiträge abgebucht werden können. Während einer Beschäftigung besteht Versicherungspflicht zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Bei einer Arbeitsaufnahme ist der Barmer GEK dieses umgehend mitzuteilen. Das gleiche trifft auch bei Beendigung der Beschäftigung zu, wobei diese Mitteilungspflicht in der Regel vom betreffenden Meister wahrgenommen wird. Für die Zeit der Wanderschaft gilt dann der günstige Tarif, sodass ein durchgehender Versicherungsschutz gewährleistet ist. Der rechtschaffene fremde Geselle sollte seinen persönlichen Krankeschutz immer sehr ernst nehmen.

Die C.C.E.G.

Die C.C.E.G. (Confédération Compagnonnages Européens,- Europäische Gesellenzünfte) ist eine Dachorganisation der europäischen Gesellenvereinigungen. Sie wurden nach Anfangskontakten zu den französischen Gesellenverbänden, im Jahre 1952 zur 2000 Jahrfeier von Paris, zusammen mit den rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen und den rechtschaffenen fremden Maurer- und Steinhauergesellen, als C.E.G. 1968 in Versailles und Tours gegründet. Im Jahre 1978 sind der C.E.G. die Fédération des Métiers du Bâtiment Belgiens und 1980 auch die Rolandsbrüder, die Freiheitsbrüder und die Freien Vogtländer Deutschlands beigetreten. Von diesem Zeitpunkt an wurde es zur C.C.E.G. also zur Confédération!

Seit dem Jahre 1978 hat die C.C.E.G. ein beratendes Statut im Europarat in Straßburg. Hauptaufgabe der C.C.E.G. ist es, die reisenden Gesellen im Besonderen, sowie die einheimischen Kameraden der verschiedenen Gesellenvereinigungen in den beteiligten Ländern, einander näher zu bringen, sich kennenzulernen und gegenseitig nach Kräften zu unterstützen. Damit genießt jeder Geselle die Gastfreundschaft aller Mitgliedsvereinigungen, wobei er sich jedoch stets den Gepflogenheiten seines Gastgebers anpassen muss. Von den Zünften herrührende, nichtöffentliche Rituale werden dabei untereinander nicht ausgetauscht. Die C.C.E.G. veranstaltet alle Jahre eine Jahreshauptversammlung, welche turnusmäßig von einer anderen Mitgliedsvereinigung (Rotationsgesellschaft) ausgerichtet wird.
Bisher fanden diese Treffen 1953 in Luxemburg,1958 in Hamburg, 1963 in Kopenhagen, 1968 in Versailles/Tours, 1973 in Neuchatel,1978 in Hamburg, 1983 in Brüssel, 1988 in Lyon, 1993 in Nürnberg, 1998 in Genf, 2003 in Rennes und 2008 in Odense statt.
Der damalige dänische Außenminister Per Haekkerup hat in seiner Rede anlässlich des Kopenhagener Europatreffens 1963, sehr deutlich gesagt: „Die reisenden fremdgeschriebenen Handwerker waren die ersten echten Europäer!“

Seit dem Europatreffen von Odense/Dänemark 2008, gab es einschneidende Veränderungen für den C.C.E.G.- Vorstand. Dieser wird weiterhin für 5 Jahre gewählt. Zugleich wurde aber ein Rotationsprinzip beschlossen, dass die einzelnen Mitglieder zur engeren Mitarbeit im Vorstand heran zieht. Die alle fünf Jahre stattgefundenen Europatreffen der europäischen Gesellen, werden in diesem großen Rahmen nicht mehr organisiert.

Gebräuche der rechtschaffenen fremden Gesellen

Die Gebräuche sind sehr vielseitig und gehören zum Erfahrungsschatz eines zünftig reisenden Handwerksgesellen. Einige der gebräuchlichsten und bekanntesten sollen hier beschrieben werden!

SCHMALMACHEN:

Hiermit ist das zünftige Vorsprechen bei Krautern (Meister), Innungen, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Schlachtern, Bäckern und Brauereien etc. nach einer kleinen Reiseunterstützung, einer Wegzehrung, einem kühlen Trunk oder einem kostenlosen Nachtquartier usw. gemeint. Die hierfür vorgebrachten Sprüche sind dem Umständen und der sich ergebenen Situation entsprechend angepasst und daher verschiedenster Art.

ZU- UND ABREISEN:

Hierunter fällt das zünftige Ankommen und Gehen auf der Herberge und bei den Meistern nach einem bestimmten Ritual in Frage und Antwort.

SCHALLERN:

Unter Schallern versteht man das Singen von zünftigen Gesellenliedern zu den verschiedensten Anlässen. Zünftige Liederbücher wurden vom Schallerschacht der rechtschaffenen fremden Gesellen in Hamburg zusammengestellt und sind bei unserem Hauptsitz erhältlich.

KLATSCHEN:

Es gibt den Zweier-, Dreier-, Vierer- oder Rundklatsch, die nach Marschliedern einfach und nach dem Walzertakt doppelt geklatscht werden. Es sitzen sich also mindestens zwei Gesellen gegenüber, die in einer bestimmten Reihenfolge nach dem Takt des Liedes, in die eigenen - oder die Hände des Gegenübers - klatschen. Hierbei wird das Jackett ausgezogen, der Hut jedoch selbstverständlich aufbehalten. Das Klatschen ist besonders bei Richtfesten oder ähnlichen Anlässen beliebt.

FASSCHMOREN:

Hierbei kommt ein Fass Bier auf den Tisch, das in fröhlicher Runde nach zünftigem Brauch von den Gesellen - meistens nach § 11 - geschmort (getrunken) wird. Der Fassgeselle sorgt dafür dass alles ordentlich abläuft und bringt mit seinen Sprüchen die ganze Gesellschaft in die richtige Stimmung. Ihm geht ein Spülgeselle zur Hand, der sich um die notwendige Hygiene kümmert. Dabei wird fix geschallert, geklatscht, getrudelt und so mancher „Döntje“ zum Besten gegeben. Anlässe zum Fassschmoren gibt es viele, z.B. Geburtstage, Bergfeste oder die Ausreise eines fremden Gesellen. Der edle Spender des Fasses erhält bisweilen einen Stammseidel (ein zünftiger Bierkrug mit Deckel), auf dem alle Namen seiner Gäste zur Erinnerung an „sein Fass“ verewigt sind.

TRUDELN:

Das Trudeln war früher eine Abhandlung „zum Gesellenmachen“, das heißt damit der frisch ausgelernte Geselle bei den Gesellen aufgenommen und anerkannt werden konnte, trieb man in jedem Handwerk allerlei derbe Spiele mit dem „Jungen“. Bei den Zimmerleuten war es das Trudeln. In heutiger Zeit wird diese Prozedur als ein vergnüglicher Spaß aufgeführt. Zum Trudeln gehört ein stabiler Trudeltisch, eine zwölfkantige Trudel, ein Trudelbur, ein Anschieter, vier Trudelknechte und einige Gesellen. Auch die Herbergsschwester ist manchmal mit von der Partie. Das Ganze läuft etwa so ab, dass der Anschieter irgendeinem Gesellen eine Verfehlung vorwirft, die der Trudelbur mit einer Lage trudeln bestraft. Der „geständige“ Geselle wird dann von den Trudelknechten rücklings auf die Trudel bugsiert und mit einem vom „Verurteilten“ gewünschten Gesellenlied, auf der sich drehenden Trudel im Takt hin und her geschoben. Bei besonders hartem „Vergehen“ kommt die Herbergsschwester zum Einsatz und wird zur “Auflage“ gebracht, mit diesem Gewicht wird der Rücken des Gesellen auf der Trudel zusätzlich beansprucht. Vergnüglich wird es allerdings für ihn, wenn einmal „Kantholz“ gemacht wird und er dabei in die Oberlage kommt.

DER RUNDSCHNACK:

Sind mehrere Gesellen auf dem Krug (Herberge) beisammen, dann werden meistens Humpen oder Stiefel getrunken, die auf dem Gesellentisch kreisen. Hierbei kann der Rundschnack losgelassen werden. Das heißt, jeder Geselle hält mit seinem vor und hinter ihm sitzenden Kameraden einen besonderen Schnack (Spruch in plattdeutscher Sprache), wonach er nur zu bestimmten Zeiten trinken darf.

GÄNSEMARSCH:(Spinnermarsch)

Dieser wird in der Hauptsache aufgeführt, wenn fremde Gesellen abreisen, also die Stadt verlassen, oder sich ein Schacht (eine Schar) Gesellen gemeinsam zu einem bestimmten Ort begibt. Dabei marschiert einer hinter dem anderen her, wovon der Erste „der Leithammel“ eine Flasche „Köm“ (Schnaps) am Charlottenburger über der Schulter trägt. Während des Marsches wird kräftig geschallert und die Marschpausen werden mit einem Schluck aus dem Kömbuddel belohnt!

Noch Fragen ?!

Der Schallerschacht

Schallern mit Hugo!

Das ist für zünftig reisende Handwerksgesellen aller Schächte ein Begriff.

Denn sie treffen sich nach Bedarf oder auf Anfrage in Harburg, in der Lassallestrasse 11 bei Maria zum zünftigen singen alter Handwerkslieder.

Alle, denen Harburg zu weit ist oder die nur mal die eine oder andere Melodie hören wollen, finden HIER ein paar Kostproben zum Anhören. Natürlich kann man das komplette Lieder- buch und die 2 CDs mit allen Strophen auch kaufen.